Arbeitnehmer riskieren bei einer Weigerung vertragswidriger Tätigkeiten ihren Lohn
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 07.02.2007, 5 AZR 422/06
§ 615 BGB
Leitsatz:
Ein böswilliges Unterlassen von Erwerb im Sinne des § 615 Satz 2 BGB kann auch darin liegen, dass der Arbeitnehmer eine vertraglich nicht geschuldete Arbeitsleistung ablehnt, die der Arbeitgeber von ihm in einem unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis verlangt.
Kommentar:
In seiner Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Frage zu klären, ob ein Arbeitnehmer eine vertragswidrige Beschäftigung einfach ablehnen kann, ohne seinen Lohnanspruch zu verlieren. Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht kein Lohn ohne Arbeit. Dieser Grundsatz wird durch den so genannten Annahmeverzugslohn durchbrochen. Hier behält der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch so lange, wie er dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft anbietet, dieser aber das Angebot nicht annimmt. Allerdings reduziert sich der Anspruch, wenn der Arbeitnehmer einen Verdienst, den er in dieser Zeit erzielt oder böswillig zu erzielen unterlässt. Böswillig unterlässt er die Verwendung seiner Arbeitskraft, wenn er eine ihm zumutbare Beschäftigung nicht wahrnimmt. Im vorliegenden Fall wurde der einzige Lkw des beklagten Arbeitgeber entwendet. Da er nun beschloss Fuhren durch externe Kräfte auszuführen, hatte er keine Verwendung für einen Kraftfahrer. Er kündigte ihm und bot gleichzeitig eine neue Tätigkeit als verantwortlichen Mitarbeiter für den Restholzbereich bei gleichem Gehalt an. Gleichzeitig wies er den Kraftfahrer an, die neue Tätigkeit sofort auszuführen. Der Arbeitnehmer lehnte das angebotene neue Arbeitsverhältnis ab und weigerte sich die neue Tätigkeit auszuführen. Während der Kündigungsfrist erschien der Arbeitnehmer jeden Tag und bot seine Arbeitskraft als Kraftfahrer an, was der Arbeitgeber nicht annahm. Das Gericht sah im Grundsatz die Voraussetzungen des Annahmeverzugslohnes als gegeben, denn das Beschäftigungsrisiko gehe zu Lasten des Arbeitgebers. Jedoch habe hier der Arbeitnehmer es böswillig unterlassen eine ihm zumutbare Beschäftigung wahrzunehmen. Nach der Rechtsprechung des BAG, ist eine Beschäftigung nicht schon deshalb unzumutbar, weil es sich um eine vertragswidrige Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber handle. Vielmehr verlangt das Gericht eine Abwägung aller Umstände, die der Arbeitgeber für die Zuweisung und der Arbeitnehmer für die Ablehnung der Beschäftigung anführen. Von Relevanz ist der Vergleich der Art und der sonstigen Arbeitsbedingungen der bisherigen Arbeit zu der angewiesenen. Bestehen für die Änderung dringende Gründe, denen nicht von vornherein eine Billigung versagt werden kann, handelt der Arbeitnehmer nicht rücksichtsvoll, wenn er die Arbeit allein deswegen ablehnt, weil sie nicht vertragsgemäß ist, und er deshalb ohne Erwerb bleibt. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer mit dem Verlust seines Lohnanspruchs aus Annahmeverzug rechnen.